Was sind die Grundwerte deines Pferdes?
Wie gut kennst du dein Pferd? Jedes Pferd hat seine eigenen „normalen“ Werte. Zum Beispiel, wie viel es frisst und wie viel es kotet, aber auch, wie seine Körpertemperatur, sein Ruhepuls und seine Atemfrequenz sind. Als Besitzer ist es hilfreich, diese Basiswerte zu kennen. Dann kannst du nämlich leichter feststellen, ob etwas nicht stimmt.
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19 Dezember '22 • 5 Min Lesezeit
Da Pferde nicht sprechen können, müssen wir als Besitzer manchmal raten, ob etwas mit ihnen nicht stimmt, ob sie krank sind oder Unbehagen verspüren. Es ist wichtig, abweichendes Verhalten nicht als „ausprobieren“, „keine Lust haben“, „pubertieren“ oder „herumspielen“ abzutun. Ein Pferd plant nicht, dich zu ärgern. Wenn es abweichendes Verhalten zeigt, liegt wahrscheinlich irgendwo ein Problem vor. Im Körper, im Kopf oder in der Umgebung.
Basiswerte messen und aufschreiben
Um die Basiswerte deines Pferdes kennenzulernen, kannst du ein paar Tage hintereinander einige Dinge messen und aufschreiben. Zum Beispiel die Körpertemperatur in Ruhe, den Puls in Ruhe und die Atemfrequenz in Ruhe. Wiederhole dies regelmäßig, damit du auch weißt, wie die Basiswerte in den verschiedenen Jahreszeiten sind.
Körpertemperatur
Die normale Körpertemperatur eines Pferdes liegt zwischen 37,4 und 38,0 Grad Celsius. Bei jungen Fohlen ist sie etwas höher: zwischen 38,5 und 39,5 Grad Celsius. Du misst die Körpertemperatur rektal mit einem Thermometer. Trage etwas Gleitmittel oder Eutersalbe auf das Thermometer auf, um das Einführen zu erleichtern. Es ist ratsam, morgens und abends zu messen, da die Körpertemperatur variieren kann. Notiere die normale Schwankung für dein Pferd und halte diese Informationen im Stall griffbereit.
Atemfrequenz
Die Atmung deines Pferdes kannst du beobachten, indem du neben der Schulter stehst und in Richtung der Hinterhand schaust. Du siehst dann die Flanken deines Pferdes sich hin und her bewegen. Jede Hin- und Herbewegung entspricht einem Atemzug. Die normale Atemfrequenz eines Pferdes in Ruhe beträgt 8 bis 14 dieser „Atemzüge“ pro Minute. Registriere dies auch für dein Pferd.
Ruhepuls
Ein Pferd in Ruhe hat normalerweise einen Puls zwischen 25 und 40 Schlägen pro Minute. Dies kann jedoch variieren. Junge Fohlen und kleine Ponys haben oft einen etwas höheren Puls. Gut trainierte Pferde haben – wie menschliche Sportler – oft einen niedrigeren Ruhepuls. Ein Pferd unter maximaler Belastung kann sogar einen Puls über 200 haben! Du kannst den Puls mit einem Stethoskop messen oder unter dem Unterkiefer fühlen. Dort befindet sich eine dicke Ader, die du gegen den Kieferknochen drücken kannst, um den Puls zu messen. Dieses Blutgefäß befindet sich auf der Innenseite an der Stelle, wo der Unterkiefer schmaler wird.
Kot und Urin
Auch am Kot und Urin kannst du erkennen, ob dein Pferd sich „normal“ fühlt. Der Urin sollte hellgelb sein. Dunkler Urin ist ein Zeichen für ein Problem, beispielsweise an der Leber oder den Nieren. Bei Blut im Urin solltest du den Tierarzt rufen. Der Kot sollte in relativ festen, faserigen und glänzenden Bällen ausgeschieden werden. Wenn dein Pferd Durchfall hat, Kotwasser produziert oder sehr harten, trockenen Kot hat, stimmt etwas nicht. Überprüfe die Futterration und sorge dafür, dass dein Pferd genügend trinkt. Bei Kolik immer sofort mit deinem Tierarzt Rücksprache halten!
Nase und Atemwege
Die Nase sollte sauber sein, ohne Ausfluss. Nach großer Anstrengung kannst du vielleicht etwas klaren oder weißlichen Schleim sehen, ohne dass du dir sofort Sorgen machen musst. Aber Vorsicht: Gelber oder grüner Ausfluss ist immer ein Grund zur Sorge! Auch sollte ein Pferd nicht husten. Ein einzelnes Hüsteln kannst du vielleicht ignorieren, aber häufiges Husten ist oft ein Zeichen, dass etwas nicht stimmt. Viele Pferde stehen in einer zu staubigen Umgebung oder wo zu viel Ammoniak freigesetzt wird. Dies kann zu Reizungen der Atemwege führen. Sorge für einen frischen Stall mit ausreichend Belüftung, aber ohne Zugluft.
Schleimhäute
Nachdem du die Nase überprüft hast, kannst du direkt die Schleimhäute kontrollieren. Gesunde Schleimhäute sind hellrosa, glatt und leicht feucht. Bei Reizungen, Wunden, gelber, violetter oder zu heller Farbe der Schleimhäute ist es wichtig, dass du einen Tierarzt kontaktierst. Reizungen oder Wunden können durch eine Allergie verursacht werden, aber auch zugrunde liegende Probleme haben. Gelbe Schleimhäute sind ein Symptom für Leberprobleme. Violette/blaue Schleimhäute hängen mit Sauerstoffmangel zusammen und zu helle Schleimhäute können auf Anämie hinweisen. Ziehe daher sofort den Tierarzt hinzu, wenn dein Pferd eine andere Farbe der Schleimhäute hat.
Turgor
Turgor ist eigentlich die Spannkraft der Zellen und der Haut. Wenn der Turgor unzureichend ist, hat das Pferd einen Flüssigkeitsmangel. Du kannst dies überprüfen, indem du eine Hautfalte am Hals greifst und diese wieder loslässt. Wenn die Hautfalte innerhalb von einer Sekunde in den Normalzustand zurückspringt, ist der Turgor gut. Geschieht dies nicht, kontaktiere den Tierarzt.
Muskeln und Sehnen
Im Idealfall hat dein Pferd schöne, trockene Sehnen ohne Schwellungen und du kannst seine Muskeln leicht eindrücken, da sie weich und geschmeidig sind. Am Tag nach einem Training kannst du fühlen, dass einige Muskeln härter sind. Ein ruhiges Erholungstraining ist dann vielleicht angebracht oder etwas freie Bewegung und zusätzliche Ruhe. Mache es dir zur Gewohnheit, jeden Tag beim Putzen auch die Muskeln und Sehnen deines Pferdes abzutasten. Auf diese Weise weißt du immer, wie es darum steht.
Blutuntersuchung
Viele Pferde, die in höheren Sportklassen laufen oder beispielsweise in anspruchsvollen Sportarten wie Eventing, Endurance oder Kombiniertes Fahren tätig sind, erhalten standardmäßig zweimal im Jahr eine Blutuntersuchung. Dabei wird unter anderem der Status verschiedener Vitamine und Mineralstoffe überprüft. Aber auch die Muskelwerte werden untersucht. Für Pferde, von denen viel verlangt wird oder bei denen du Zweifel hast, ob es ihnen gut geht, kann eine Blutuntersuchung aufschlussreich sein. Selbst wenn es nur dazu dient, zu wissen, was „normal“ für dein Pferd ist.
Schmerzsignale
Du kannst auch festhalten, welche Schmerzsignale dein Pferd zeigt. Dafür kannst du zum Beispiel die praktische EPWA-App verwenden, die mit Hilfe von Forschern der Fakultät für Veterinärmedizin der Universität Utrecht entwickelt wurde. Pferde, die Schmerzen haben, spannen bestimmte Gesichtsmuskeln an. Die App hilft dir dabei, diese „Schmerzgesicht“ zu erkennen und das Wohlbefinden deines Pferdes zu überwachen.
Verhalten
Auch in Bezug auf das Verhalten hat jedes Pferd seine eigenen „Basiswerte“. Beispielsweise wie es reagiert, wenn es hereingebracht, gesattelt oder trainiert wird. Wenn sich dies in relativ kurzer Zeit ändert, sollte bei dir eine Alarmglocke läuten. Ist dein Pferd plötzlich mürrisch beim Satteln? Oder plötzlich sehr schreckhaft? Schaue dann genauer hin. Passt der Sattel noch? Hat sich etwas an der Fütterung geändert? Hat dein Pferd irgendwo Schmerzen? Hat sich etwas in der Herde geändert?
Fazit: Kenne dein Pferd!
Es ist wichtig, die Basiswerte deines Pferdes zu kennen. Schreibe daher auf, was seine normale Körpertemperatur, Atemfrequenz und Ruhepuls sind. Wenn dein Pferd krank ist, hat ein Tierarzt sehr viel von diesen Informationen. Mache eine einfache Überprüfung von beispielsweise Kot, Nasenausfluss, Muskeln und Sehnen zu einem Teil deiner täglichen Routine. So kannst du eventuelle Veränderungen und Probleme viel früher erkennen und angehen. Bei Zweifel immer den Tierarzt kontaktieren. Vertraue dabei auch auf dein Gefühl. Stimmt etwas nicht? Überprüfe die Werte, beobachte dein Pferd und konsultiere den Tierarzt.