Warum können Pferde von Gras laminitis bekommen?
Im Frühjahr, zu Beginn der Weidesaison, ist es immer ratsam, langsam mit dem Weidegang zu beginnen. Der Darm und das Verdauungssystem deines Pferdes müssen sich zuerst an das Fressen von Gras gewöhnen, bevor dein Pferd den ganzen Tag auf der Weide verbringen kann. Zudem spielt das Risiko der Hufrehe eine Rolle. Für einige Pferde bleibt diese Gefahr während der gesamten Weidesaison bestehen. Wie kommt das eigentlich? Was bewirkt Gras im Körper deines Pferdes? Und welche Pferde haben ein erhöhtes Risiko für Hufrehe?
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27 Juni '22 • 5 Min Lesezeit
Gras ist für die meisten Pferde das Leckerste, was es gibt. Den ganzen Tag „Häppchen-Stapfen“ auf der Wiese – ein größeres Vergnügen kannst du ihnen nicht bieten. Doch es ist nicht immer gesund. Das liegt an der Art und Weise, wie die Zucker aus dem Gras im Pferdekörper verarbeitet werden.
Zuckerstoffwechsel: schnelle und komplexe Kohlenhydrate
In der Weidesaison ist Gras für viele Pferde die wichtigste Quelle von Kohlenhydraten. Kohlenhydrate kann man in komplexe Kohlenhydrate und wasserlösliche Kohlenhydrate unterteilen. Letztere sind die „schnellen Zucker“ und Stärke, die auch in Kraftfutter enthalten sein können. Diese wasserlöslichen Kohlenhydrate werden durch Enzyme im Magen und Dünndarm abgebaut und liefern sofort viel Energie. Wenn der Abbau der löslichen Kohlenhydrate nicht vollständig im ersten Teil des Verdauungstrakts stattfindet, gelangen Zucker und Stärke in den Dickdarm. Dort können diese Stoffe die Darmflora stören und Gaskolik verursachen. Da ein Pferd nur eine begrenzte Kapazität hat, schnelle Zucker im Magen und Dünndarm zu verdauen, sollte die Fütterung (und somit auch das Gras) nicht zu viele wasserlösliche Kohlenhydrate enthalten. Wenn zu viel Zucker plötzlich ins Blut deines Pferdes gelangt, kann das Hufrehe verursachen.
‚Hindgut Fermentation‘
Je älter Gras wird, je länger es wächst und je mehr es verblüht, desto mehr Fasern enthält es. Fasern bestehen aus komplexen Kohlenhydraten wie Zellulose. Solche Kohlenhydrate kann das Pferd nicht selbst verdauen; es benötigt die Mikroorganismen in seinem Dickdarm dafür. Diese Bakterien und Pilze verwandeln die Zellulosefasern in flüchtige Fettsäuren. Diese Fettsäuren kann das Pferd dann aufnehmen und in Energie umwandeln. Wenn die Ernährung des Pferdes zu wenig Fasern enthält, kann die Verdauung nicht richtig funktionieren. Der Dickdarm ist dann nicht ausreichend aktiv, was zu verschiedenen Verdauungsproblemen und Krankheiten bei Pferden führen kann. Ein Pferd hat also ein ziemlich besonderes Verdauungssystem. Auf Englisch nennt man das „hindgut fermenting“, das heißt, der wichtigste Teil der Nahrungsverarbeitung erfolgt durch Fermentation im hinteren Teil des Verdauungstrakts. Um ein Pferd gesund zu halten, muss man dieses besondere Verdauungssystem berücksichtigen.
Neue Erkenntnisse zur Hufrehe
Früher wurde Hufrehe oft als eine separate Erkrankung angesehen, aber es scheint verschiedene Formen dieser Krankheit zu geben. Alle diese Formen sind tatsächlich systemische Krankheiten, bei denen der gesamte Körper des Pferdes betroffen ist. Es geht also keineswegs nur um ein Problem in den Hufen! Ursachen für Hufrehe können sein: endokrine Krankheiten (hormonbedingt), Blutvergiftung (Sepsis), eine generalisierte Entzündungsreaktion (Systemic Inflammatory Response Syndrome (SIRS)) oder eine einseitige Belastung eines Beins (zum Beispiel durch Gips nach einem Bruch). Dabei ist Hufrehe aufgrund eines endokrinen (hormonellen) Problems am häufigsten. Die traditionelle Ansicht, dass Hufrehe vor allem auftritt, wenn die Lamellen der Hufe sich lösen, scheint ebenfalls nicht ganz korrekt zu sein. Es scheint eine ziemlich variable, schlecht sichtbare Vorstufe zu geben, bei der bereits Veränderungen in der Struktur der Lederhaut auftreten. Forschungen zeigen, dass es mit mikroskopisch kleinen Änderungen beginnt. Bestimmte Lamellen dehnen sich aus und die Struktur der Lederhaut verändert sich. Dabei entstehen Entzündungen in den Zellen.
Der Zusammenhang zwischen Zucker und Hufrehe
Die endokrinen Probleme, die Hufrehe verursachen können, hängen mit dem Zuckerstoffwechsel des Pferdes zusammen. Wenn Zucker im Blut eines Pferdes vorhanden ist, wird das Hormon Insulin freigesetzt, um diese Zucker zu verarbeiten. Je mehr „schnelle Zucker“ im Blut sind, desto mehr Insulin wird produziert. Die winzigen Haargefäße in der Lederhaut des Pferdehufs sind sehr empfindlich gegenüber diesem Insulin und ziehen sich zusammen, wenn viel Insulin im Blut ist. Die Blutzufuhr zum Huf wird dann weniger gut. Das beeinträchtigt das gesunde Wachstum der Lederhaut und Entzündungen sowie Hufrehe sind dann nur noch einen Schritt entfernt. Diese Verbindung mit Insulin ist auch der Grund, warum Pferde mit IR (Insulinresistenz), PPID (Cushing) und EMS (Equines Metabolisches Syndrom) ein höheres Risiko für Hufrehe haben. Ihr Insulinspiegel ist nämlich oft gestört. Auch bei einer leichten Störung des Insulinspiegels kann es wahrscheinlich bereits zu Empfindlichkeiten in den Hufen kommen.
Zucker im Gras: großer Unterschied
Um zu verhindern, dass dein Pferd Hufrehe bekommt, ist es also ratsam, nicht zu viel Zucker zu füttern. Besonders wenn dein Pferd schon etwas übergewichtig ist oder IR, PPID oder EMS hat. Auch Kaltblüter sind oft besonders empfindlich. Gras kann viel Zucker enthalten, muss es aber nicht. Das hängt unter anderem von der Jahreszeit, dem Wetter, der Länge des Grases und der Grassorte ab, mit der die Wiese eingesät wurde. Die höchsten Zuckergehalte finden sich in hochproduktiven „Kühegras“-Sorten wie Englischem Raigras. Überwachsenes, verblühtes, faserreiches „Pferdegras“ – das in speziellen Saatgemixturen erhältlich ist – enthält deutlich weniger Zucker. Aber auch dann musst du aufmerksam bleiben. Auch in Heu steckt Zucker, daher solltest du vor allem die gesamte Futterration deines Pferdes berücksichtigen. Du kannst sowohl Gras als auch Heu bei spezialisierten Firmen testen lassen. So kannst du besser steuern. Beachte, dass Pferde, die nur einige Stunden täglich auf der Weide sind, oft viel schneller fressen und daher trotzdem relativ viel Zucker aufnehmen können!
Zu viel Zucker aufgenommen?
Hat dein Pferd doch zu viel Zucker aufgenommen und möchtest du es unterstützen, seinen Insulinspiegel zu regulieren und Entzündungen zu verhindern? Dann kannst du beispielsweise eine milde Detox-Kur mit Brennnesselextrakt machen. So werden Abfallstoffe schneller abgebaut. Außerdem kannst du mit Cannabinoiden das Gleichgewicht im Pferdekörper unterstützen. Diese pflanzlichen Stoffe wirken zudem schmerzlindernd und entzündungshemmend.
Bronnen
Asplin KE, Patterson-Kane JC, Sillence MN, Pollitt CC, Mc Gowan CM. Histopathology of insulin-induced laminitis in ponies. Equine Vet J. 2010 Nov;42(8):700-6. doi: 10.1111/j.2042-3306.2010.00111.x. PMID: 21039799.
Patterson-Kane JC, Karikoski NP, McGowan CM. Paradigm shifts in understanding equine laminitis. Vet J. 2018 Jan;231:33-40. doi: 10.1016/j.tvjl.2017.11.011. Epub 2017 Nov 22. PMID: 29429485.