Natascha: "Das Lymphsystem ist für den Körper des Pferdes sehr wichtig. Das Lymphgefäßsystem transportiert alle Substanzen, die nicht mehr nützlich sind, aus verschiedenen Geweben, Gelenken und Organen. Diese Abfallstoffe gelangen über die Lymphflüssigkeit zu den Lymphknoten. Die Lymphknoten haben mehrere Aufgaben, darunter die Filtration. Schließlich wird der Lymphfluss zum Blut abgeführt."

Lymphsystem wichtig für die Abwehr

"Das Lymphsystem ist eine Art separater Bereich des Immunsystems", erklärt Natascha. "Die beiden arbeiten nahtlos zusammen, wobei das Lymphsystem dem Immunsystem dient. Das Lymphsystem führt verschiedene Substanzen ab: von beschädigten Zellen über Zellen, die ersetzt werden, bis hin zu verschiedenen Krankheitserregern wie Viren und Bakterien. Aber das System kontrolliert auch Tumorzellen; Zellen, die nicht richtig sind, werden entfernt. Beim Abbau von Abfallstoffen geht es also nicht nur um Abfallstoffe, die das Pferd aufnimmt, sei es durch Medikamente oder Verunreinigungen", erklärt Natascha.

'Normale' Muskelschäden

"Jede Bewegung verursacht Schäden, das ist normal. Je intensiver das Training ist, desto mehr solcher 'normalen' Schäden entstehen. Die kleinen beschädigten Zellen, die daraus resultieren, müssen auch ordnungsgemäß abgebaut werden. Wenn das gelingt, ist das Pferd am Tag nach dem Training weniger übersäuert und steif, und die Belastbarkeit und Funktionalität von Muskeln, Sehnen und Bändern nimmt zu. Das Lymphsystem entfernt also auch intern erzeugte Abfallstoffe."

Was ist Manuelle Lymphdrainage?

"Manuelle Lymphdrainage, kurz MLD, ist eine spezielle Massagetechnik, bei der direkt auf das Lymphsystem eingewirkt wird. Es ist eine sehr sanfte Massagemethode, die Pferde oft sehr angenehm finden. Sie werden ruhiger davon. MLD regt das Lymphsystem an und erhöht die Entwässerungskapazität, manchmal sogar um 75%! Abfallstoffe verlassen den Körper dadurch schneller. MLD wird unter anderem eingesetzt, um Steifheit und Übersäuerung zu verhindern, bei Sommerekzem, bei Immunproblemen und während der Rehabilitation und Genesung", erklärt Natascha.

Verletzungen und Boxenruhe - eine Belastung für das Lymphsystem

"Wenn ein Pferd sich von einer schweren Verletzung, wie zum Beispiel einer Sehnenverletzung, erholen muss, wird oft viel Aufmerksamkeit auf Dinge wie Scans, Ultraschalluntersuchungen und den Einsatz von Lasergeräten gelegt. Das ist auch richtig, aber viele Menschen realisieren nicht, dass man zuerst alles, was kaputt ist, aufräumen muss. So schafft man Platz für die Zufuhr von guten Stoffen und somit für die Genesung", sagt Natascha. "Die Genesung wird durch MLD erleichtert und hat einen positiven Einfluss auf die Qualität des sich erholenden Gewebes. Wenn Sie es mit einer ernsthaften Verletzung zu tun haben, bei der die Klinik involviert ist und die zu Boxenruhe führt, dann bekommt Ihr Pferd im Grunde genommen einen doppelten Schlag. Es gibt nicht nur die Verletzung selbst, sondern auch die Boxenruhe ist belastend. Die Probleme können sich dann summieren. Besonders wenn Ihr Pferd nicht zu Hause steht."

Bewegung oder Massage, um das Lymphsystem in Gang zu halten

Natascha fährt fort: "Aus Sicht des Lymphsystems gilt das Motto: 'Ruhe rostet'. Es profitiert vom Herumlaufen. Das Lymphsystem hat nämlich keine Pumpe wie das Herz für den Blutkreislauf. Die Lymphflüssigkeit zirkuliert, wenn das Pferd ruhig läuft. Denken Sie nur an Stallbeine, das ist auch eine Ansammlung von Lymphflüssigkeit, die verschwindet, wenn Ihr Pferd wieder in Bewegung ist. Das Lymphsystem benötigt die 'Schritt-für-Schritt'-Bewegung, um zu funktionieren. Wenn Sie aufgrund einer Verletzung wie einer beschädigten Sehne oder einem Riss im Röhrbein Ihr Pferd jedoch stillhalten, kommt auch das Lymphsystem praktisch zum Stillstand. Es kann die Abfallstoffe und beschädigten Zellen dann nicht mehr ordnungsgemäß entfernen. Wenn man dann noch den Stress der Boxenruhe und die Schmerzen der Verletzung hinzuzählt, entsteht ein negativer Einfluss auf das Lymphsystem. Gerade in solchen Situationen kann MLD viel für Ihr Pferd bedeuten."

Lymphdrainage zur Unterstützung bei Verletzungen

Wann kann man MLD bei Verletzungen einsetzen? Natascha: "Insbesondere wenn ein Pferd im Sport ganz oben steht, dann ist es topfit. Wenn Sie ein solches Pferd aufgrund einer Verletzung abrupt stillstellen, schwellen die Beine an. Dieses Ödem behindert eine optimale und effiziente Genesung. Das ist der richtige Zeitpunkt, um Lymphdrainage zu geben, damit Sie die gesamte Zirkulation des Lymphsystems aufrechterhalten. Das Lymphgefäßsystem funktioniert dann weiterhin gut, und die Beine bleiben schlank. Insbesondere Pferde mit Verletzungen an den Unterschenkeln profitieren sehr davon. MLD ist eine sehr sanfte Technik, die sehr langsam ausgeführt werden muss. Pferde entspannen sich dabei auch sehr gut. Das Pferd schaltet zwischen den Ohren ein wenig ab und fühlt sich besser. Auf zellulärer Ebene kann dann eine optimale Genesung stattfinden", sagt Natascha: "Das ist Genesung und anders nicht!"

Gute Erfahrungen mit MLD bei Verletzungen

"Ich habe mehrmals erlebt, wie gut ergänzende MLD bei der Genesung von Sportpferden wirken kann. Natürlich werden regelmäßig Fotos und Scans zur Kontrolle gemacht, und oft sind Tierärzte bei einem zweiten Scan oder einer Kontrolle ganz positiv überrascht über das, was passiert ist. Die Genesung geht mit MLD wirklich schneller. Ich zwinge das System eines Pferdes nicht durch die Lymphdrainage, sondern schaffe die Bedingungen, die für eine optimale Genesung erforderlich sind. Durch die Unterstützung des Lymphsystems kann die Genesung in dem Tempo stattfinden, das auch in der Natur vorkommt. Trotz Boxenruhe."

Absprache mit Tierarzt und Therapeut

Natascha plädiert für einen guten Kontakt und Austausch zwischen dem Therapeuten, der die Lymphdrainage durchführt, und dem regulären Tierarzt, der das Pferd wegen der Verletzung behandelt. "Nach einer Verletzung würde ich schnellstmöglich Kontakt zu einem Therapeuten aus dem MLD-Register aufnehmen. Lymphdrainage sieht vielleicht einfach aus, ist aber eigentlich ziemlich medizinisch. Engagieren Sie daher immer einen gut ausgebildeten Therapeuten und stellen Sie sicher, dass dieser sich mit dem Tierarzt abspricht, um negative Wechselwirkungen mit bestimmten Medikamenten zu vermeiden. Ein solcher Therapeut kennt auch die Kontraindikationen. Wann genau mit MLD zur Unterstützung begonnen werden kann, hängt von der Art der Verletzung ab, was von der Tierklinik unternommen wurde und welche Medikamente das Pferd noch bekommt. Aber es ist schade, wenn Sie warten, bis Ihr Pferd geschwollene Beine hat. Es ist besser, dies zu verhindern und den MLD-Therapeuten zum richtigen Zeitpunkt beginnen zu lassen."

Über Natascha: Auf der Suche nach dem 'Ja'

Natascha Bos ist schon ihr ganzes Leben lang im Pferdesport tätig und hat als Therapeutin für Menschen mit manueller Lymphdrainage begonnen. "Ich habe wirklich alles im Pferdesport gemacht und wollte oft die Dinge etwas anders machen als üblich. Als ich jung war, gab es nur ein System und kein Internet, um Dinge nachzuschlagen, also hat jeder es auf die gleiche Weise gemacht, und das war es dann. Ich kam oft an den Punkt, an dem ich ein 'Nein' in meinem Bauch und vor allem in meinem Herzen spürte: 'Nein, so möchte ich das nicht mit Pferden machen'. Und dann wechselte ich zu einer anderen Disziplin oder einem anderen Ort. Irgendwann, und das wurde dann wirklich interessant, begann ich selbst damit, herauszufinden, wo mein 'Ja' eigentlich bei den Pferden liegt."

Weg von den Dogmen

"Weil ich gesehen habe, was MLD bei Menschen und auch bei mir selbst bewirkt hat, wollte ich das auch für die Pferde. Um die Pferde fitter und gesünder zu machen und sicherzustellen, dass sie weniger Medikamente benötigen. Mein Antrieb ist es, Menschen zu informieren und zu inspirieren, Dinge anders zu betrachten. Es gibt nie nur eine Wahrheit, es macht Spaß, von den Dogmen wegzukommen. Ich liebe es, zu suchen und zu fühlen, was zu der Person und dem Pferd passt, die vor mir stehen. Denn das perfekte Pferd gibt es natürlich nicht, es ist immer maßgeschneidert. Zum Glück gibt es heutzutage eine enorme Auswahl an verschiedenen Ansätzen, und neugierige Menschen können sehr viele Informationen finden. Ich mache das jetzt seit ungefähr 16 Jahren und merke, dass die Akzeptanz für einen anderen Blickwinkel und eine andere Methode definitiv gestiegen ist. Im Allgemeinen hat sich eine schöne Bewegung entwickelt, bei der immer mehr Platz für eine breitere und ergänzende Sichtweise auf Pferde und ihr Wohlergehen geschaffen wird. Das ist ein großer Unterschied zu vor 10 Jahren und eine enorme positive Veränderung", schließt Natascha ihre Geschichte ab.

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