Kann ein Pferd einen Stallfehler verlernen?
Stallmängel entstehen durch Stress. Ein gestresstes Pferd wird häufiger stereotype Verhaltensweisen zeigen als ein Pferd, das sich wohlfühlt. Verhalten wie Weben und Luftschnappen wirkt beruhigend und süchtig machend für ein Pferd. Wenn dein Pferd jedoch eine Stallmangel hat, möchtest du als Besitzer natürlich, dass es damit aufhört. Das Abgewöhnen ist aufgrund des süchtig machenden Charakters dieser Verhaltensweisen eigentlich nicht möglich. Was du jedoch tun kannst, ist, die zugrunde liegenden Ursachen für den Stress anzugehen.
Verhalten
Stress
8 Dezember '22 • 4 Min Lesezeit
Eine Stallmangel, auch als „stereotypes Verhalten“ bezeichnet, entsteht, wenn ein Pferd über längere Zeit Stress erlebt. Das wiederholte Verhalten, wie das Luftschnappen, sorgt dafür, dass das Pferd eine kleine Dosis des „Glückshormons“ Endorphin in sein Blut bekommt. Dadurch fühlt sich das Tier besser und Endorphin wirkt zudem beruhigend und entspannend. Leider ist diese Substanz auch suchterzeugend. Ein Pferd wird daher dazu neigen, dieses Verhalten immer wieder zu zeigen. Luftschnappen, Weben, Boxenlaufen, Kopfschütteln und Zähneknirschen sind alles Formen von Stallmängeln.
Symptombekämpfung
Wenn du möchtest, dass dein Pferd aufhört, stereotype Verhaltensweisen zu zeigen, musst du herausfinden, was die Ursache dafür ist. Wenn du die Ursache für die Entstehung der Stallmangel kennst, kannst du sie möglicherweise beseitigen. Es gibt auch Produkte, die dein Pferd daran hindern sollen, die Stallmangel auszuführen, wie zum Beispiel eine Bandage gegen das Luftschnappen oder ein Webgestell. Das Problem ist jedoch, dass du damit das eigentliche Problem nicht löst. Es kann sogar dazu führen, dass die Pferde noch frustrierter und gestresster werden…
Ursachen angehen
Stallmängel entstehen durch Stress. Der Weg, um Stallmängel zu reduzieren, besteht also darin, den Stress anzugehen. Der Stress, der zu Stallmängeln führt, ist meistens auf zu viele Stunden allein in einer Box zurückzuführen. Der Name „Stallmangel“ ist nicht umsonst. Mangel an sozialem Kontakt und freier Bewegung verursachen oft den Stress, der schließlich zu stereotypem Verhalten führt.
Ursachen für Stallmängel können sein:
- Zu wenig sozialer Kontakt,
- Zu wenig freie Bewegung,
- Schlechte Qualität oder zu wenig Raufutter,
- Magenschmerzen, Muskelverspannungen oder andere Schmerzen,
- Langeweile,
- Andere Stressursachen wie Schlafmangel, Bewegungsprobleme und falsches Training.
Wenn du diese Ursachen angehst, kannst du den Stress bekämpfen. Dein Pferd wird dann weniger oft das Bedürfnis haben, stereotype Verhaltensweisen zu zeigen, um sich selbst zu betäuben.
Forschungsergebnisse
Es wurden verschiedene Studien zur Menge des Stresshormons im Kot oder Blut von Pferden durchgeführt, die auf unterschiedliche Weise untergebracht waren. Dabei stellte sich heraus, dass Pferde, die sozialen Kontakt und freie Bewegung haben, weniger Stresshormone produzieren. Diese Pferde sind auch besser trainierbar, reagieren freundlicher auf ihren Trainer oder Betreuer und zeigen weniger Stallmängel.
Besseres Management = weniger Stress = weniger Stallmängel
Raufutter
Pferde müssen immer ausreichend Raufutter von guter Qualität erhalten. Sie dürfen nicht zu lange mit leerem Magen stehen. Da Pferde ständig Magensäure produzieren, kann ein leerer Magen zu Magengeschwüren, Schmerzen und Stress führen. Unverpacktes Heu von guter Qualität ist am besten geeignet, entweder unbegrenzt verfügbar oder zumindest in mehreren Portionen pro Tag. Ausreichend faserreiches Raufutter sorgt dafür, dass die Pferde kräftig kauen müssen, was nicht nur gut für die Verdauung, sondern auch für das seelische Wohlbefinden deines Pferdes ist. Ein Pferd grast von Natur aus 16 Stunden am Tag. Kauen ist also eine Form des natürlichen Verhaltens, und das Ausführen dieses Verhaltens führt zu einem glücklicheren, weniger gestressten Pferd und damit zu weniger Stallmängeln. Daher können auch Slowfeeder, Heunetze oder Spielzeuge wie Heubälle helfen, stereotype Verhaltensweisen zu reduzieren oder zu verhindern.
Freie Bewegung und sozialer Kontakt
Kontakt zu Artgenossen und die Möglichkeit, sich frei zu bewegen, sind sehr wichtig, um ein Pferd mental gesund zu halten. Freie Bewegung ist selbstverständlich gut für Muskeln, Bänder, Sehnen und Gelenke, aber auch zur Stressvermeidung und -bewältigung. Das Schnüffeln und Kratzen an anderen Pferden ist für die geistige Gesundheit der Pferde unerlässlich. Kein Wunder, dass sie Herdentiere sind! Und wusstest du, dass das Kratzen auf dem Widerrist auch stressreduzierend wirkt? Außerdem bestätigen Pferde in der Herde so die Bindung zueinander.
Supplemente
Wenn das tägliche Management deines Pferdes gut organisiert ist, es genügend freie Bewegung, gutes Raufutter und sozialen Kontakt zu anderen Pferden hat, solltest du deutlich weniger Stallmängel sehen. Aber wenn dein Pferd aus irgendeinem Grund nicht in der Herde leben kann oder Boxenruhe hat, können Supplemente notwendig sein, um den Stress zu reduzieren. Das Mineral Magnesium hilft, Stress zu vermindern und sorgt zudem für entspanntere Muskeln und ein gesundes Nervensystem. Pferde haben häufig einen Magnesiummangel, da dieses Mineral in unserem Heu nur in niedrigen Konzentrationen vorkommt. Du solltest Magnesium am besten in Form einer sogenannten „organischen Verbindung“ wie Magnesiumchelat geben. Ein flüssiges Supplement wird besser aufgenommen als ein Pulver. Wenn dein Pferd genügend Magnesium in seiner Ration hat, aber dennoch etwas gestresst ist, kannst du auch ein Kräutersupplement gegen Stress wählen. Dies kann kurzfristig vor einem aufregenden Ereignis wie einem Wettbewerb oder einer Behandlung durch den Tierarzt gegeben werden. Aber du kannst so einen Extrakt auch in niedriger Dosierung über einen längeren Zeitraum verwenden, zum Beispiel, wenn dein Pferd Boxenruhe hat. Ein Extrakt aus Mönchspfeffer, Kamille und Passionsblume zeigt gute Ergebnisse und ist zudem dopingfrei.
Sources:
Kelly Yarnell, Carol Hall, Chris Royle, Susan L. Walker. Domesticated horses differ in their behavioural and physiological responses to isolated and group housing. Physiology & Behavior, Volume 143, 2015, Pages 51-57, ISSN 0031-9384,
https://doi.org/10.1016/j.physbeh.2015.02.040.